Busow (†) (K)

Etwa zehn Kilometer südöstlich von Anklam tangiert die alte Bäderbahntrasse Ducherow–Swinemünde die Feldmark von Busow. Im Jahre 1288 gehörte der Ort zu den Besitzungen der reich begüterten Familie Nienkerken (Neuenkirchen). Von dieser fiel das Lehen zwischen 1357 und 1475 zur gesamten Hand an die Herren von Schwerin, die in Busow später wie folgt in Erscheinung traten: der Brigadier Hans Jürgen von Schwerin (um 1700), Friedrich Leopold von Schwerin und Otto Martin von Schwerin (ab 1724, Söhne des Brigadiers), der Generalleutnant Otto Martin von Schwerin (bis 1773, der Vorgenannte, ging als der „Hohenfriedberger“ in die Historie ein), der Leutnant Moritz Friedrich Wilhelm von Schwerin (von 1773 bis 1786, zweiter Sohn des Vorbesitzers), der General-Landschaftsrat Detloff Heinrich Bogislaw Graf von Schwerin (ab 1786, Sohn des Leutnants Moritz Friedrich), Hermann Heinrich Karl Kurt von Schwerin (bis 1846, eines der acht Kinder des Detloff Heinrich), der General-Landschaftsrat Carl Christoph Georg Graf von Schwerin (bis 1853, wohl Bruder des Vorgenannten, besaß neben Busow auch Ducherow und Mollwitz), des Grafen Carl Christophs Erben (von 1853 bis 1857), die Grafen Albrecht, Helmuth und Bernhard von Schwerin (ab 1857, gemeinsame Besitzer von Busow und Ducherow, Söhne des Grafen Carl Christoph, Bernhard erwarb 1896 zudem das Rittergut Stolpe auf Usedom),[1] der Graf von Schwerin-Stolpe (wird 1911 und 1939 erwähnt)[2] und Karl Josef Graf von Schwerin (fiel im Zweiten Weltkrieg in der UdSSR, beteiligte einen Teil seiner Gutsarbeiter am Gewinn des Betriebes, eine für damalige Zeiten ungewöhnliche Vorgehensweise).[3]

Das Rittergut verfügte 1911 über einen Flächenumfang von knapp 600 Hektar, der sich bis zum Jahre 1939 auf 700 Hektar vergrößert hatte.[4]

Das Busower Herrenhaus suchen wir heute am Rande der grasüberwucherten Hoffläche vergebens, da der äußerst ruinös gewesene Bau 1996 einem Abrisskommando weichen musste. Errichtet wurde das sogenannte Schloss (12 × 3 Achsen, zweigeschossig, Krüppelwalmdach) in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Um 1900, möglicherweise aber auch schon früher, erweiterte man das Haus zur rechten und linken Hand der östlichen Schmalseite um zwei Anbauten (je Exemplar: 1 × 1 Achse, zweigeschossig). Die nun verbreiterte Gebäudeseite (im Erdgeschoss vier Rundbogenfenster, dazwischen Hauptportal von gleicher Formgebung, Pilastergliederung, unter den Sohlbänken Putzspiegel, Eckquaderung) verlieh dem gesamten Gebäudekomplex einen T-förmigen Grundriss. Über die ursprünglichen Planungsabsichten des Bauherrn Detlow Heinrich Graf von Schwerin berichtete H. von der Dollen im 19. Jahrhundert laut Hubertus Neuschäffer Folgendes:

„Busow selbst ist ein altes Schwerinsches Lehen, nur aus einem Gutshof und Tagelöhnerhütten bestehend. Auf dem Hof fallen uns sofort zwei mächtige Gebäude auf, weiß angestrichen und ganz symmetrisch gleich gebaut, die sich gegenüber liegen; das eine ist heutzutage das herrschaftliche Wohnhaus, das andere der Pferdestall geworden. Ursprünglich waren beide dazu bestimmt, die Flügel eines kolossalen Schlosses zu werden im Stil des Schwerinsburgschen Schlosses. Das Mittelstück, das Hautgebäude, ist fehlgeblieben.“[5]

Das große Wohngebäude derer von Schwerin war laut „Projekt“ also nur ein Flügel der geplanten Gesamtanlage, die bei ihrer Fertigstellung wohl an Schwerinsburg herangereicht hätte. Dass dieser Kolossalbau nicht vollendet wurde, lag sicher an der finanziellen Überforderung des Grafen Detloff Heinrich von Schwerin.

Während der ersten Nachkriegsdezennien diente das Haus vielen ostdeutschen Flüchtlingsfamilien als Notquartier. Nachdem sich die „schlossgesessenen“ Untermieter später ein neues Domizil gesucht hatten, nahm der leer stehende Bau zunehmend ruinöse Formen an. 1995 waren alle Fensterscheiben zerschlagen, das Pfannendach wies große Lücken auf und der hofseitige Eckbereich zwischen Hauptgebäude und Flügel lag in Trümmern. Im Jahre 2003 hatte sich nicht nur die 1996 abgebrochene Hausruine von der Bildfläche verabschiedet, sondern zu den Abgängen gehörte auch der anfangs erwähnte Pferdestall. Übrig geblieben war lediglich eine verkrautete und öde Hofstelle, auf der nun Mutter Natur den Taktstock schwingt.

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[1] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthumms Pommern, II. Th., Bd. I, enthaltend: die Kreise Demmin, Anklam, Usedom-Wolin und Uckermünde, Anklam/Berlin 1865, S. 293ff. sowie Oberdörfer, Eckhard: Ostvorpommern. Vom Amazonas des Nordens zu den Kaiserbädern – ein Reise- und Lesebuch, Bremen 2006. S. 285

[2] Niekammer’s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Bd. 3, Reihe 1: Pommern, Leipzig 1911; siehe auch Beitrag „Stolpe“

[3] Oberdörfer, Eckhard: Ostvorpommern. Vom Amazonas des Nordens zu den Kaiserbädern – ein Reise- und Lesebuch, Bremen 2006, S. 37f.

[4] Niekammer’s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Bd. 3, Reihe 1: Pommern, Leipzig 1911 und Niekammer’s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Bd. 9, Reihe 1: Pommern, Leipzig 1939

[5] Neuschäffer, Hubertus: Vorpommerns Schlösser und Herrenhäuser, Husum 1993, S. 48

 

Abkürzungen:
(†) Untergegangenes Haus
(K) Kurzbeschreibung

  1. Busow, Herrenhausruine, Hof- bzw. Südseite, Juni 1995; Foto: D. Schnell
  2. Busow, Herrenhausruine von Südosten, Juni 1995; Foto: D. Schnell