Barnow (Barnowo)

Barnow (Barnowo), das laut Hubertus Neuschäffer zu den ältesten Orten des Kreises Rummelsburg gehört, liegt 17 Kilometer nordwestlich von Bütow an der nach Zuckers führenden Landstraße. Das Gemeinwesen war vormals politischer Mittelpunkt des Kirchspiels Alt-Kolziglow, zu dem unter anderem auch die Orte Reinfeld und Reddis gehörten. Einer der ersten Lehnsherren Barnows war um 1380 Albert Puttkamer.[1] Zu seinen Besitznachfolgern zählten unter anderem: Lorenz Puttkamer (wird 1428 als Zeuge aufgeführt, Sohn des Vorgenannten), Simon Puttkamer (Sohn des Lorenz), Klaus und Bartholomäus Puttkamer (werden 1496 mit je einem Anteil erwähnt, Sohn und Neffe des Vorbesitzers), Karsten und Hans Puttkamer (treten 1523 ebenfalls mit je einem Anteil in Erscheinung) sowie Gerd und Johann Puttkamer (werden 1575 namhaft gemacht).

Etwa von 1628 bis kurz vor 1690 war das Barnower Lehen dreigeteilt. Danach lag es jedoch wieder in einer Hand. In der weiteren Besitznachfolge standen:

  • Christian von Puttkamer (bis 1690, besaß Barnow und Alt Kolziglow)
  • Henning Brand von Puttkamer (von 1690 bis 1722, einer der Söhne des Vorgenannten, Besitz wie gehabt)
  • Georg von Puttkamer (ab 1722, Bruder des Vorbesitzers)
  • Ludwig Joachim von Puttkamer (bis 1754, Sohn des Georg)
  • Philipp Ernst von Puttkamer (von 1754 bis 1763, Bruder des Vorgenannten)
  • Georg Adolf von Puttkamer (von 1763 bis 1774)
  • Wilhelm Ludwig von Puttkamer (von 1774 bis 1781)
  • Jacob Georg Gottlieb von Puttkamer (von 1781 bis kurz vor 1828, er gehörte der Versiner Linie des Geschlechts von Puttkamer an)
  • Georg Wilhelm von Puttkamer (bis 1856, Sohn des Jacob Georg)
  • Oskar von Puttkamer (von 1856 bis 1895, Sohn des Vorgenannten)
  • Henning von Puttkamer (von 1895 bis 1928, Oskars Sohn) und
  • der Regierungsassessor a. D. Wilhelm von Puttkamer (1887–1957, von 1928 bis Anfang 1945, verstarb 1957 in der BRD)[2]

Nach Walter Görlitz gingen die Puttkamer aus dem mächtigen Fürstenstamm der Swenzonen hervor. Ihr Familienname fußt angeblich auf dem von einem ihrer Altvorderen ausgeübten „Amt“ des Unterkämmerers (pod komorze). Im 13. und 14. Jahrhundert hatte das Geschlecht im östlichen Hinterpommern einen umfangreichen Landbesitz inne, sodass seine Vertreter zeitweise den Titel „Deo gratia“ (von Gottes Gnaden) führten.[3] Zu ihren bekanntesten Persönlichkeiten gehörten Robert Victor von Puttkamer (von 1879 bis 1888 preußischer Kultus- und Innenminister und von 1891 bis 1899 Oberpräsident der Provinz Pommern) und Johanna von Puttkamer (1824–1894, geb. in Viartlum im Kreis Rummelsburg, verbrachte ihre Kindheit im nahen Reinfeld, Ehefrau des Reichskanzlers Otto von Bismarck, Trauung 1847 in der Kirche zu Alt Kolziglow).[4]

Nach der Einnahme Barnows durch die Rote Armee im Frühjahr 1945 stand das Puttkamersche Gut anfangs unter direkter Verwaltung des sowjetischen Militärs. Später gelangte es in polnischen Besitz, die den landwirtschaftlichen Großbetrieb in ein Staatsgut (PGR, Państwowe gospodarstwo rolne) umgestalteten, das etwa bis 1990 Bestand hatte. Die letzten deutschen Barnower wurden in den 1950er-Jahren ausgesiedelt.

Das dortige Herrenhaus besteht aus zwei Teilgebäuden. Der südliche Trakt oder das Alte Haus (schlichter Putzbau, 9 × 3 Achsen, unterkellert, eingeschossig, Mansarddach mit Ochsenaugen, 1786 von Elisabeth von Puttkamer als Hauptgebäude einer U-förmigen Mehrflügelanlage errichtet, Flügel vor 1900 abgetragen)[5] besitzt an seiner Hof- beziehungsweise Ostseite einen dreiecksübergiebelten Mittelrisalit (zweigeschossig, drei Achsen, über oberer Mittelachse Wappenrelief der Bauherrin, vorgelagerter Altan). An der dem Park zugewandten Gegenseite bzw. Gartenseite fallen vor allem drei große Rundbogenfenster ins Auge. Es ist anzunehmen, dass sich hinter ihren Scheiben und Vorhängen der ehemals herrschaftliche Festsaal verbirgt. Der nördliche Trakt beziehungsweise das Neue Haus (Putzbau, 4 × 4 Achsen, Souterrain aus gespaltenen Findlingen, zweigeschossig, Walmdach) wurde etwa um 1900 an die nördliche Schmalseite des Altbaus, allerdings um einige Meter nach hinten beziehungsweise in Richtung Westen versetzt, angefügt. Dieser Trakt zeichnet sich an seiner Nordseite durch einen schlanken dreigeschossigen Rechteckturm (mit vorgelagerter Freitreppe) aus.

Vor 1990 waren im sogenannten Schloss neben der PGR-Verwaltung auch einige Arbeiterfamilien des dortigen Staatsgutes untergebracht. Nach 1990 verwaiste der alte Bau und nahm ruinöse Formen an. Insofern ist es nur zu begrüßen, dass das Haus und der umliegende Park Mitte der 1990er-Jahre in den Besitz eines polnischen Investors (angeblich ein erfolgreicher Sportsmann) gelangten, der das vernachlässigte Anwesen in vorbildlicher Weise sanieren ließ, sodass es gegenwärtig (2004) wieder in neuem Glanz für Aufmerksamkeit sorgt.[6]

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[1] Neuschäffer, Hubertus: Schlösser und Herrenhäuser in Hinterpommern, Leer 1994, S. 44

[2] Gohrbandt, Emil: Ortsgeschichte, in: Der Kreis Rummelsburg. Ein Heimatbuch, hrsg. v. Kreisausschuß d. Kreises Rummelsburg im Jahre 1938, neu hrsg. v. Heimatkreisausschuß Rummelsburg mit Förderung durch den Landkreis Soltau-Fallingbostel, Hamburg 1979, S. 135f. sowie Neuschäffer, Hubertus: Schlösser und Herrenhäuser in Hinterpommern, Leer 1994, S. 44

[3] Neuschäffer, Hubertus: Schlösser und Herrenhäuser in Hinterpommern, Leer 1994, S. 45

[4] Diedrich, Waldemar: Frag mich nach Pommern, Leer 1988, S. 165

[5] Borchers, Walter: Gutshäuser, in: Der Kreis Rummelsburg. Ein Heimatbuch, hrsg. v. Kreisausschuß d. Kreises Rummelsburg im Jahre 1938, neu hrsg. v. Heimatkreisausschuß Rummelsburg, Hamburg/Lübeck 1979, S. 512

[6] Angaben von Dr. Wolfgang Fiedler aus Richtenberg zur jüngeren Historie des Barnower Herrenhauses, Oktober 2004

1. Barnow (Barnowo), Herrenhaus, Ostseite, April 1998; Foto: D. Schnell

2. Barnow (Barnowo), Herrenhaus, Ostseite, September 2004 (Foto von Dr. Wolfgang Fiedler) ; Foto: D. Schnell