Bad Polzin (Polczyn Zdrój)
Der Kurort Bad Polzin (Polczyn Zdrój) liegt mitten in Hinterpommern zwischen Belgard und Tempelburg. Erstmals erwähnt wird die deutsche Siedlung Polzin, in den Urkunden noch Poltzin, Boltzin oder Polczyn geschrieben,[1] in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts anlässlich ihrer Gründung durch Benediktinermönche des Klosters Stolpe an der Peene neben einem schon bestehenden wendischen Weiler gleichen Namens. Angeblich errichteten die Templer (wahrscheinlich im Auftrag der Pommernherzöge) kurz nach 1290 neben dem neu entstandenen Ort eine kleine Grenzfeste, um das Land Belgard gegen die märkischen und polnischen Begehrlichkeiten zu schützen. 1312 kamen Anteile der Siedlung in den Besitz der Familien Zosenow und Glasenapp. Außerdem soll der Ritter Hasso Wedel, wegen seines Haarschopfes auch der rote Hasso genannt, nach der Auflösung des Templerordens im Jahre 1320 die dortige Burg und einen Anteil an dem neuen Gemeinwesen erhalten haben.[2] Allerdings wird die Veste erst 1331 in einem von Papst Johannes XXII. für die pommerschen Herzöge ausgestellten Lehnbrief aktenkundig gemacht. 1337 verpflichtete sich Hasso Wedel „dem Markgrafen Ludwig von Brandenburg sein ,hus unde Stadt’ Polzin in dessen Fehden gegen jedermann offen zu halten und ihm mit fünf Helmen und fünf Rennern zu dienen, ausgenommen gegen seine Herrn, die Söhne Herzogs Wartislaw IV., von denen er Schloss und Stadt zu Lehen trage.“[3] Nach dem hier aufgeführten Bericht war die Siedlung Polzin inzwischen zu einer dem roten Hasso gehörenden Mediatstadt herangewachsen, der von den pommerschen Herzögen Bogislaw V., Barnim IV. und Wartislaw V. 1335 lübisches Stadtrecht verliehen wurde. 1374 gelangten die Burg und ihr Umfeld in den Besitz von Gerd Manteuffel. Dieser ließ Polzin umwallen und mit zwei Toren ausstatten.[4] An anderer Stelle wird hingegen berichtet, dass der offene Ort nie von Wall und Mauer umgeben war, sondern lediglich drei Tore besaß, von denen allerdings nur ein Duo existiert haben soll, da es sich bei den mit Belgarder und Kolberger Tor bezeichneten Bauwerken nur um ein Exemplar handelte.[5] 1389 werden Zciczik von Polzin und Michael Manteuffel von Polzin als Lehnsherren der Stadt genannt. Seither war das Manteuffelsche Geschlecht dort bis in das 19. Jahrhundert hinein besitzrechtlich präsent, wenn in der Regel auch nur anteilig. Gemäß einer 1488 von Herzog Bogislaw X. ausgestellten Lehnsurkunde hatte Heinrich Glasenapp zu Koprieben „über den, von seinem Bruder Peter Glasenapp zu Pollnow hinterlassenen Viertelanteil an einem Drittel des Schlosses, des Städtchens und des Landes Polzin“ zu befinden.[6]
Im 16. Jahrhundert war Ernst von Manteuffel (Brudersohn des letzten katholischen Bischofs von Cammin, Erasmus von Manteuffel (gest. 1544), dieser in der Bad Polziner Stadtpfarrkirche St. Marien beigesetzt, an der südlichen Kircheninnenwand auf großer gusseiserner Platte die erhabene Darstellung des Bischofs mit Mitra, Ornat und Krummstab). [7] Als folgender Besitzer von Polzin, auch im nachfolgenden Jahrhundert, wird Asmus von Manteuffel als dortiger Lehnshinhaber namhaft gemacht. Asmus veräußerte seinen „Anteil an den Polzinschen Gütern“ 1654 an den Hauptmann Döring Jacob von Krockow. 1699 kam es zwischen der Stadt und ihren adligen Oberhäuptern über die Gerichts- und Eigentumsverhältnisse zu Streitigkeiten, die nach einiger Zeit jedoch wieder beigelegt werden konnten. Wenigstens ab 1770 lagen sowohl das „alte Schloss“ als auch die Stadt (wohl nicht in Gänze) in der Hand des Generalleutnants Anton von Krockow. Nachdem der hohe Militär gestorben war, fiel der Besitz an seine Witwe Augusta Louisa Henrietta geb. Freiin von Lüder. Als auch Augusta Louisa Anfang des 19. Jahrhundert für immer die Augen schloss, war das Geschlecht der Krockow auf dem sogenannten Schlossgut beziehungsweise auf "Polzin B" erloschen. Besitznachfolger wurden der Leutnant a. D. Carl von Kapperwolf (wird 1803 genannt), die Witwe des Dr. med. Simon (wird 1867 erwähnt) [8] und die Simon'schen Erben, welche 1911 genannt werden. Die Flächengröße des Gutes betrug 250 Hektar, davon 152 Hektar Acker und Gärten.[9]
Neben "Polzin B" gab es auf der dortigen Feldmark noch den Anteilsbesitz Ziegelwiese beziehungsweise "Polzin A" (250 Hektar), der 1847 aus von Manteuffel'scher Hand in städtischen Besitz überging.[10]
1688 entdeckte ein Grobschmied in der Nähe der Stadt eine Mineralquelle (ein Säuerling mit hohem Eisengehalt), durch deren Wasser sein Freund von einer Augenentzündung geheilt wurde. Das „Quellenwunder“ sprach sich nicht nur in der Stadt herum, sondern auf Initiative des Polziner Pastors wurde es auch bald im In- und Ausland bekannt, sodass sich die Stadtväter genötigt sahen, ein kleines Badehaus zu errichten, dem Mitte des 18. Jahrhunderts zwei etwas größere Logierhäuser folgten. Den Durchbruch im Bade- und Kurwesen aber brachte das 19. Jahrhundert. Dafür stehen die folgenden neu errichteten Gebäude: das Friedrich-Wilhelm-Bad, das Johannisbad, das Cecilienbad, das Marienbad, das Kurhaus Dr. Neuberg, das Johanniter-Krankenhaus Bethanien, das Städtische Kurhaus, das Kaiserbad und das Luisenbad. Sie alle liegen in einem großen Kurpark, der nach jahrzehntelanger Vernachlässigung heute (2007) wieder an Attraktivität gewonnen hat. Zu den prominentesten Badegästen gehörten vor 1945 Herzog Ferdinand von Kurland (1712), Königin Luise (Ende des 18. Jahrhunderts) und Otto von Bismarck (zweite Hälfte des 19. Jahrhundert).[11]
Ob die Errichtung der eher bescheidenen Grenzveste Polzin in Gänze auf die Templer zurückgeht, oder ob auch der Nachfolgebesitzer Hasso von Wedel daran seinen Anteil hatte, bleibt wohl für immer ungeklärt. Fest steht hingegen, dass das castrum Poncym, also die Burg, 1331 schon existent war.[12] Sie stand auf dem heutigen Schlossberg, einem zum Teil künstlich aufgeschütteten Erdhügel (ca. 43 × 34 Meter) von fünf bis sechs Metern Höhe, der von der nördlich angrenzenden Stadt durch einen tiefen Graben geschieden war. Wahrscheinlich wurde das Burgbergplateau von einer starken Mauer umschlossen, in deren Geviert sich ein Wohnturm und ein Wirtschaftsgebäude befunden haben dürften. Außerdem wird die Zuwegung über eine in Richtung Stadt führende Zugbrücke erfolgt sein. Auch wenn Kamila Wójcik die südlichen Kellerfundamente des Südflügels (12,5 × 11 Meter) der heutigen „Schlossanlage“ in das 15. Jahrhundert datiert,[13] ist nicht auszuschließen, dass ein kleiner Teil des alten Gemäuers schon im Zuge der Erstbebauung (um 1310) errichtet worden sein könnte.
Im Jahre 1466 besetzten polnische Söldner die Veste, doch Pommernherzog Erich II. konnte sie, wenn auch nur mit großer Mühe, wieder vertreiben.
Nach dem großen Stadtbrand von 1500, bei dem auch die nahe Burg in Mitleidenschaft gezogen wurde, errichtete Kurt von Manteuffel auf dem verwüsteten Areal zwei neue Gebäude. Ein Exemplar der beiden ist zum Teil mit dem oben genannten Südflügel identisch und das übrige „steckt“ im heutigen Tor- beziehungsweise Ostflügel (22 × 8 Meter). Von 1770 bis 1772 ließ der Generalleutnant Anton von Krockow das Gebäudeduo durchgehend umgestalten. Darüber hinaus verband er es mit einem Zwischentrakt von 7 × 8 Meter Grundfläche.
Auf diese Weise entstand der auf uns überkommene „Schlosskomplex“ (glatter Putzbau von L-förmiger Gestalt, zweigeschossig, eingewölbtes Souterrain, Walmdach, Schleppgauben, der Stadt- beziehungsweise Torflügel mit Durchfahrt), dessen Gemäuer fast spitzwinklig aneinanderstoßen. Beide Trakte besitzen an der Hofseite einen relativ hoch gelegenen Eingang, der jeweils über eine Freitreppe (bis um 2012 zweiarmig am Südflügel, einarmig am Torflügel) zu erreichen ist. Beachtenswert sind sowohl das von zwei Pilastern flankierte Rundbogenportal oberhalb der ostseitigen Treppe (diese nach 2012 in einen neobarocken einläufigen Aufgang umgestaltet) als auch die dahinterliegende Diele mit ihrer hölzernen Stiege (Stabgeländer in Rokoko-Formen) und dem Deckenstuck. Stuckiert sind überdies einige Decken und ein Kamin im Obergeschoss.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veräußerte die Witwe des Dr. med. Simon das Schloss an die Stadt Polzin. Fortan wurden einige Räume von der Post in Anspruch genommen und die übrigen Gemächer hatten zwei oder drei Familien in Nutzung. Um 1930 - die Post und die Untermieter waren längst in neuen Domizilen untergekommen - wandelte sich der alte Herrensitz zu einem Kinderheim, das bis 1945 Bestand hatte.[14]
Infolge des Zweiten Weltkrieges wurde Bad Polzin mit seinem Schloss 1945 wie ganz Hinterpommern polnisch. Ab 1967 wurde die polnische Denkmalpflege Stettin auf das vernachlässigte Gebäude aufmerksam. Im Zuge der damit einhergehenden Rekonstruktions- und Sanierungsmaßnahmen „wurden Anbauten abgerissen, später gezogene Trennwände abgetragen und Fenster ausgetauscht“.[15] Weitere Erneuerungen und Umbauten fanden mit finanzieller Unterstützung der EU nach 2010 statt, sodass der alte Herrensitz heute (März 2014) wieder in neuem Glanz erstrahlt. Einige seiner Räume werden gegenwärtig von einem lokalen Künstlerzirkel als Produktions- und Ausstellungsstätte genutzt. Außerdem hat die öffentliche Stadtbibliothek in den noch verbliebenen Gemächern ihre reich gefüllten Regale aufgestellt.
Bis zum Jahre 2004 gab es im Keller des Südflügels ein kleines Weinlokal.
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[1] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, III. Th., Bd. I, enthaltend die Kreise Fürstenthum Kamin und Belgard, Anklam und Berlin 1867. S. 690
[2] Hinz, Johannes: Pommern-Lexikon für alle, die Pommern lieben, Würzburg 1994, S. 237
[3] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, III. Th., Bd. I, enthaltend die Kreise Fürstenthum Kamin und Belgard, Anklam und Berlin 1867, S. 690
[4] Hinz, Johannes: Pommern-Lexikon für alle, die Pommern lieben, Würzburg 1994, S. 238
[5] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, III. Th., Bd. I, enthaltend die Kreise Fürstenthum Kamin und Belgard, Anklam und Berlin 1867, S. 691
[6] Ebd., S. 690
[7] Hinz, Johannes: Pommern-Lexikon für alle, die Pommern lieben, Würzburg 1994, S. 238
[8] Ebd., S. 691 u. S. 761
[9] Niekammer’s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbuch, Bd. 3, Reihe 1: Pommern, Leipzig 1911
[10] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, III. Th., Bd. I, enthaltend die Kreise Fürstenthum Kamin und Belgard, Anklam und Berlin 1867, S. 691 u. 760
[11] Hinz, Johannes: Pommern-Lexikon für alle, die Pommern lieben, Würzburg 1994, S. 238
[12] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, III. Th., Bd. I, enthaltend die Kreise Fürstenthum Kamin und Belgard, Anklam und Berlin 1867, S. 690
[13] Zamki i rezydencje na pomorzu, Schlösser und Herrenhäuser in Pommern, Wydawca: Zamek Książt Pomorskich w Szczecinie, 2006, S. 85
[14] Ebd., S. 85ff. sowie Hinz, Johannes: Pommern-Lexikon für alle, die Pommern lieben, Würzburg 1994, S. 238
[15] Zamki i rezydencje na pomorzu, Schlösser und Herrenhäuser in Pommern, Wydawca: Zamek Książt Pomorskich w Szczecinie, 2006, S. 87
1. Bad Polzin (Połczyn Zdroy), Schloss von Süden, März 1995; Foto: D. Schnell
2. Bad Polzin (Połczyn Zdroy), Schloss von Süden, März 2014; Foto: D. Schnell
3. Bad Polzin (Połczyn Zdroy), Schloss, mittelalterliches Kellergewölbe, März 2014; Foto: D. Schnell
4. Bad Polzin (Połczyn Zdroy), Schloss, barockzeitliches Kellergewölbe, März 2014; Foto: D. Schnell
5. Bad Polzin (Połczyn Zdroy), Schloss, Vestibül im Erdgeschoss, März 2014; Foto: D. Schnell
6. Bad Polzin (Połczyn Zdroy), Schloss, Kamin im Obergeschoss, März 2014; Foto: D. Schnell
7. Bad Polzin (Połczyn Zdroy), Stadtpfarrkirche St. Marien, Grabplatte für den letzten katholischen Bischof von Cammin, Erasmus v. Manteuffel († 1544), Juni 2010; Foto: D. Schnell