Altwigshagen

Das Gemeinwesen Altwigshagen (ehemals Oldeges-, Oldes- oder Oldewigshagen genannt) liegt etwa auf halbem Wege zwischen Anklam und Pasewalk in der Nähe der Bahntrasse Stralsund–Berlin. Erstmals erwähnt wird der Ort im Jahre 1227 mit der Nennung seines Gründers und Erstbesitzers Oldagus oder Oldewig de Suerin (von Schwerin). Außerdem werden die dortigen Schweriner und ihr castrum (Burg) Oldeshagen 1326 namhaft gemacht. Seit Mitte des 15. Jahrhundert befand sich Altwigshagen - es kann aber auch nur ein Teil desselben gewesen sein - in den Händen der Familie von Lindstädt. 1560 sind Letztere und die Schweriner dort Lehnsnehmer. Im Jahre 1633 verpfändeten die Vormünder der Söhne des Georg von Lindstädt den Besitz an Christoph von Below. Allerdings starben die von Lindstädt 1649 aus. Das heißt, die vorgenannten Söhne müssen schon in jungen Jahren verstorben sein, sodass Altwigshagen insgesamt wieder an die Familie von Schwerin zurückfiel, und zwar an den Feldobersten Bogislaw Freiherr v. Schwerin.[1] Zu dessen Besitznachfolgern auf Altwigshagen, Demnitz und Lübs gehörten unter anderem der auf Krienke gesessene königlich-schwedische Hofgerichtsdirektor Georg Friedrich von Borcke (1611–1666, im Tausch gegen Wopersnow und Wisbur in Hinterpommern und einige Besitzungen in der Neumark),[2] der königlich-schwedische Landrat Matz Georg (Matzke) v. Borcke (1643–1688), der Generalleutnant Georg Heinrich v. Borcke (1686–1747, Besitz in den Jahren von 1735 bis 1747, er besaß neben Altwigshagen und Lübs noch die Güter Gumzin, Krienke und Suckow auf Usedom, außerdem legte er die Vorwerke Heinrichshof und Annenhof an, sein Epitaph und das des Matzke v. Borcke schmücken, nun wieder in neuem Glanz, die Altwigshagener Kirche), der Hauptmann und Dompropst zu Kolberg, Erdmann Kurt v. Borcke (von 1747 bis kurz nach 1787, des Generalleutnants Sohn, legte die Hölländerei Erdmannshöhe und den Krug Borkenfriede an), der Landesdirektor Georg Ludwig von Borcke und dessen Brüder (werden kurz nach 1787 genannt), August v. Borcke auf Krienke (wird 1857 erwähnt), die Gebrüder v. Borcke auf Grabow bei Labes (werden 1861 namentlich erwähnt),[3] Bernhard v. Borcke (erscheint 1911 in den Annalen)[4] und Bernhard Otto Ernst von Borcke (1871–1950, bis zur Enteignung 1945, verstarb in Ilfeld im Südharz).[5]

Im Jahre 1911 verfügte das 1193 Hektar umfassende Rittergut Altwigshagen über folgende Nutzflächen: 312 Hektar Äcker und Gärten, 361 Hektar Wiesen, 133 Hektar Weiden, 379 Hektar Holzungen und sechs Hektar Gewässer. Darüber hinaus gebot der landwirtschaftliche Großbetrieb über nachstehenden Viehbesatz: 36 Pferde, 200 Stück Rindvieh, 120 Schafe und 180 Schweine.[6]

Der erste Vorläufer des auf uns überkommenen ruinösen Herrenhauses war ein castrum, also eine Burg „mit Gräben, Wällen und Thürmen versehen“, die, wie hier anfangs beschrieben, schon 1326 erwähnt wurde.[7] Von dieser alten Veste hat sich nur noch der nordwestliche Teil des ehemaligen Burghügels (vormals: ca. 50 × 50 Meter, vier Meter hoch, von einem Ringgraben umgeben) erhalten. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass das Ringfundament des vier Meter tiefen Eiskellerschachts unserer Tage (untere Schachthälfte aus Findlingen, obere Hälfte mit Kuppel aus Ziegelsteinen, diese mit einem Findlingsmauerwerk ummantelt, aus Findlingen auch der kleine, sich nordwestlich anschließende Vorraum) noch aus dem Mittelalter stammt.

Das heutige „Schloss“ wurde 1866 im Tudorstil errichtet. Die ursprüngliche Gestalt des Putzbaus - ca. 41 × 16 Meter, zweigeschossig, hohes eingewölbtes Souterrain, dessen Sockel aus gequaderten Granitsteinen gebaut - wurde dominiert von dem oktogonalen, ehemals fünfgeschossigen Turmmassiv an der Südecke, dass über Zinnenbekrönung und Ecktürmchen verfügte, genauso wie der viergeschossige Rechteckturm an der nordöstlichen Schmalseite. Auf der Gegenseite, der südwestlichen Schmalseite, befindet sich eine aufgeständerte Veranda. An der nach Südost ausgerichteten Hofseite sowie an der nordwestlichen Seeseite befanden sich jeweils dreiachsige, mit Zinnenattika, Zinnenbekrönung und schlanken Ecktürmchen verzierte Mittelrisalite, von denen nur der Hofseitige übrig ist und nunmehr lediglich über einen flachen Dreiecksgiebel verfügt. Während die übrigen Gebäudeecken mit weiteren schlanken Türmen geziert waren, befand sich an der Hoffront ein nordostseitiger, einachsiger, zweieinhalbgeschossiger Eckrisalit, der wiederum mit zwei Ecktürmchen und Zinnenattika verziert war. Ein Pendant dessen, nur noch obendrein mit U-förmigen Fensterverdachungen versehen, befand sich auf der südwestlichen Schmalseite.[8]

Leider verlor der ehemalige Adelssitz dem sozialistischen Zeitgeist in der DDR folgend beinahe sämtliche neogotischen Architekturelemente wie Zinnenbekrönung, Attiken und Fensterverdachungen. Außerdem wurden die beiden Türme um wenigstens zwei Etagen geköpft, der hofseitige Mittelrisalit erhielt einen Dreiecksgiebel und der strukturierte Putzbelag musste einem grauen Kratzputz weichen, sodass das sogenannte Schloss heute (Anfang 2014) nur noch ein Schatten seiner selbst ist.
Das bis kurz nach der deutschen Wiedervereinigung genutzte Haus (Wohnungen, Gemeindeverwaltung) wurde Anfang der 1990er-Jahre leergezogen.[9] Damit verbunden sind in der Regel Niedergang und Verfall. So ist der gesamte Mittelteil der Park- beziehungsweise Nordwestwand vom Sockel bis zur Traufe eingestürzt. Eingestürzt sind überdies Teile der angrenzenden Raumdecken und der darüber liegende Dachbereich. Außerdem weist der mittlere Mauerabschnitt der südwestlichen Schmalseite starke Verformungen auf, die vermuten lassen, dass auch dieser Wandteil demnächst in sich zusammenfallen wird.

Der sich an den alten Burghügel in Richtung Nordwest anschließende Park (ca. 4,5 Hektar) reicht bis zum Altwigshagener Landsee (sechs Hektar). Das nur wenige Dezimeter über dem Seespiegel liegende Gelände der Anlage ist von ziemlich feuchter Beschaffenheit. Daran kann auch ein vom alten Burggraben bis zum See führender Wasserlauf, der übrigens von einer neuen Fußgängerbrücke überspannt wird, kaum etwas ändern. Gegenwärtig weist der Park mit Ausnahme des Herrenhausumfeldes einen leidlichen Pflegezustand auf.
Von den gutszeitlichen Ökonomiegebäuden sind folgende Exemplare erhalten geblieben: die Brennerei (mit separatem Schornstein, ist ohne Funktion), ein sich nordwestlich anschließendes Stallgebäude (zweigeschossig, Erdgeschoss aus gequaderten Findlingen, Etage darüber aus Fachwerk, wird mit Ausnahme des verfallenen Nordwestteils privat genutzt) und ein südlich der Dorfstraßenkreuzung liegender Kuhstall (langgestrecktes Backsteingebäude mit Rohrdach).

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[1] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, II. Th., Bd. I, enthaltend: die Kreise Demmin, Anklam, Usedom-Wollin und Ueckermünde, Anklam und Berlin 1865, S. 286

[2] Borcke, Wulf-Dietrich von: Für die Zukunft gesichert, in: Pommern, Zeitschrift für Kultur und Geschichte, XXXIX. Jg. (2001), Heft 4, S. 32; siehe auch Berghaus, Heinrich: Landbuch des Perzogthums Pommern, II. Th., Bd. IV, enthaltend den Saatziger Kreis, insonderheit die Stadt Stargard, Anklam und Stargard an der Ihna 1868, S. 286, danach erwarb Georg Friedrich die Güter um 1677, wahrscheinlich ist hier der nächstfolgende Besitzer Matz Georg von Borcke gemeint

[3] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, II. Th., Bd. I, enthaltend: die Kreise Demmin, Anklam, Usedom-Wollin und Ueckermünde, Anklam und Berlin 1865, S. 286f.

[4] Niekammer’s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Bd. 3, Reihe 1: Pommern, Leipzig 1911; siehe auch Borcke, Wulf-Dietrich von: Für die Zukunft gesichert, in: Pommern, Zeitschrift für Kultur und Geschichte, XXXIX. Jg. (2001), Heft 4, S. 34

[5] Borcke, Wulf-Dietrich von: Für die Zukunft gesichert, in: Pommern, Zeitschrift für Kultur und Geschichte, XXXIX. Jg. (2001), Heft 4, S. 32

[6] Niekammer’s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Bd. 3, Reihe 1: Pommern, Leipzig 1911

[7] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, II. Th., Bd. I, enthaltend: die Kreise Demmin, Anklam, Usedom-Wollin und Ueckermünde, Anklam und Berlin 1865, S. 286

[8] Borcke, Wulf-Dietrich von: Für die Zukunft gesichert, in: Pommern, Zeitschrift für Kultur und Geschichte, XXXIX. Jg. (2001), Heft 4, S. 33

[9] Angaben eines älteren Altwigshagener Bürgers zur jüngeren Historie des dortigen Herrenhauses, 4. Januar 2014

Altwigshagen

1. Altwigshagen, Herrenhaus, Hof- bzw. Südostseite, Mai 1995; Foto: D. Schnell

2. Altwigshagen, Eiskeller von Süden, Januar 2014; Foto: D. Schnell

3. Altwigshagen, Eiskeller, unterster Teil des kreisförmigen Innenraumes von Nordwesten, Januar 2014; Foto: D. Schnell

4. Altwigshagen, Herrenhaus von Westen, Januar 2014; Foto: D. Schnell

5. Altwigshagen, Ökonomiegebäude von Süden, Januar 2014; Foto: D. Schnell

6. Altwigshagen, Herrenhaus von Nordosten, Januar 2014; Foto: D. Schnell

7. Altwigshagen, Rinderstall von Südosten, Januar 2014; Foto: D. Schnell

8. Altwigshagen, ehemalige Brennerei von Süden, Januar 2014; Foto: D. Schnell