Altdamm (Dąbie)
Die alte pomoranische Burg Vadam (Holz-Erdekonstruktion), ehemals auf oder neben dem Terrain der mittelalterlichen Stadt Altdamm (Dąbie) gelegen, wurde 1121 von den Polen zerstört. In der Nähe der geschleiften Veste gründeten deutsche Siedler 1176 eine Ortschaft,[1] der unter dem Namen Dam (bis Ende des 16. Jahrhunderts auch Damm beziehungsweise Dambe genannt) am 15. Januar 1260 durch Herzog Barnim I. (reg. von 1226 bis 1278) „Magdeburgisches Recht mit Stettin als Oberhof“ verliehen wurde.[2] Kurz vor 1277 ließ sich der Stadtgründer auf dem sogenannten Pestberg (Stätte des alten Friedhofs) „wegen der Bequemlichkeit bei der Jagd und der Fischerei“ ein Jagdschloss errichten, in dem er Ende 1278 für immer die Augen schloss.[3]
Als das mittelalterliche Jagdschloss 1592 abbrannte, veranlasste Herzog Johann Friedrich (reg. von 1569 bis 1600) wenig später die Aufführung eines Ersatzgebäudes (wurde wahrscheinlich von Wilhelm Zacharias in die Lotrechte gebracht). Dieses sogenannte Fürstenhaus, das uns bis heute (2009) erhalten blieb, hat seinen Standort in unmittelbarer Nähe der Stadtpfarrkirche St. Marien. Nach Hugo Lemcke war es 1901 von folgender Gestalt: „Zweigeschossig, aus Ziegeln in gotischem Verband (8–9 cm, 12,5 cm, 26–27 cm) mit schwachem, ungetünchtem Putzbewurf und derb gequaderten Ecken, ist es durch Pilaster und Gesimse gegliedert, das Portal mit Sitznischen und toskanischen Kämpfergesimsen, darüber um Mittel- und Eckpilaster gekröpfte Gebälke auf Konsolen. Die malerische Überdeckung der Schornsteine ist erhalten. Der Grundriss bildet ein Rechteck von 15,5 m mal 10 m.“[4]
Nachdem das Fürstenhaus an den Fiskus gefallen war, schenkte es der preußische König Friedrich Wilhelm I. in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts der Altdammer Kirchengemeinde, die es nun ihrerseits als Pfarrwitwensitz nutzte. Unter dem Patronat der Kirche ist das Haus im Inneren mehrfach verändert worden. Infolgedessen lässt sich die ursprüngliche Raumanordnung mit Ausnahme der großen Halle kaum noch nachvollziehen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das vormals herzogliche Gebäude „derart verbaut und heruntergekommen“, dass sein völliger Verlust drohte. Mit der Rekonstruktion und Sanierung des gefährdeten Gemäuers wurde allerdings erst ab 1933 auf Geheiß der „Pommerschen Provinzialkommission zur Erhaltung und Erforschung der Denkmäler“ begonnen. Planerische Vorleistungen erbrachte die „Höhere Staatslehranstalt für Hoch- und Tiefbau“ in Stettin, wogegen der endgültige Planentwurf von dem Regierungsbaumeister und Bauleiter Kurt Bromby angefertigt wurde. Im Zuge der Erneuerung erhielt der renaissancezeitliche Bau eine etwas veränderte Raumstruktur, die auf seine Nutzung als kirchliches Gemeindehaus ausgerichtet war.[5]
Nach der Auflösung des Kreises Randow am 15. Oktober 1939, zu dem Altdamm bis dahin gehört hatte, wurde das städtische Gemeinwesen (ca. 16.200 Einwohner) dem Stadtkreis Groß-Stettin (383.000 Bewohner) angeschlossen.[6] Diese politische Unterstellung hat selbst bis in die Gegenwart (2009) Bestand, denn auch nach der 1945 erfolgten Inbesitznahme Stettins durch den polnischen Staat blieb Altdamm ein Bestandteil der Oderstadt (2009 ca. 410.000 Einwohner).
Am Nachmittag des 19. März 1945 durchbrach die Rote Armee die letzten Verteidigungsstellungen vor Altdamm, das im Zuge der vorangegangenen Kämpfe und Bombardements zu etwa 70 Prozent zerstört worden war.[7] Erstaunlicherweise haben die Marienkirche mit ihrem hohen Massivturm (über 70 Meter) und das nahe Fürstenhaus den Feuersturm trotz diverser Treffer einigermaßen glimpflich überstanden. Beide Gebäude wurden von polnischer Seite in vorbildlicher Weise instandgesetzt und saniert. Seither dient das Gotteshaus der katholischen Kirche als Andachtsstätte, der ehemalige Jagdsitz der pommerschen Herzöge wird als öffentliche Bibliothek genutzt.
Aus Altdamm stammen zwei über die damaligen Stadtgrenzen hinaus bekannte Persönlichkeiten: zum einen der Hofbaumeister Friedrich David Gilly (1772–1800, Sohn des preußischen Landbaumeisters David Gilly, „ist für die Geschichte der neueren norddeutschen Architektur schon als Lehrer Schinkels von entscheidender Bedeutung“) und zum anderen der Schutzpolizist, Militärmusiker und Marschkomponist Carl Albert Hermann Teike (1864–1922 – sein bekanntester Marsch „Alte Kameraden“ war seinerzeit nicht nur in Deutschland ein vielgespieltes Paradestück).[8]
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[1] Barran, Fritz R.: Städte-Atlas Pommern, Leer 1989, S. 24
[2] Höft, Manfred: Zwischen Wald und See. Die Chronik Altdamms im Kreis Randow, Osnabrück 1990, S. 19 u. 41f., sowie Buske, Norbert: Pommern – Territorialstaat und Landesteil von Preußen, Schwerin 1997, S. 99
[3] Höft, Manfred: Zwischen Wald und See. Die Chronik Altdamms im Kreis Randow, Osnabrück 1990, S. 19 u. 46
[4] Ebd., S. 46 sowie Buske, Norbert: Pommern – Territorialstaat und Landesteil von Preußen, Schwerin 1997, S. 99
[5] Höft, Manfred: Zwischen Wald und See. Die Chronik Altdamms im Kreis Randow, Osnabrück 1990, S. 46, sowie Buske, Norbert: Pommern – Territorialstaat und Landesteil von Preußen, Schwerin 1997, S. 99
[6] Barran, Fritz R.: Städte-Atlas Pommern, Leer 1989, S. 24 u. 115
[7] Höft, Manfred: Zwischen Wald und See. Die Chronik Altdamms im Kreis Randow, Osnabrück 1990, S. 39f.
[8] Ebd., S. 380ff.
Fotografien und historische Abbildungen
- Altdamm (Dąbie), fürstliches Jagdhaus von Osten, August 2002; Foto: D. Schnell
- Altdamm (Dąbie), fürstliches Jagdhaus, Nordostseite von Osten, Oktober 2009; Foto: D. Schnell
- Altdamm (Dąbie), fürstliches Jagdhaus, Portal an der Nordostseite, Oktober 2009; Foto: D. Schnell