Alt Kentzlin

Die Alt Kentzliner Feldmark tangiert nordöstlich von Stavenhagen die historische Grenze zwischen Pommern und Mecklenburg. Erstmals erwähnt wird der Ort – ehemals noch Kencellyn genannt – in einer 1330 ausgestellten Urkunde. Im Mittelalter gehörte das Gemeinwesen der schlossgesessenen Familie von Voß. Nachdem diese im Mannesstamme erloschen war, fiel der Ort „den Herzögen von Pommern anheim“. Unter der schwedischen Krone wurde Alt Kentzlin und das Amt Lindenberg von Königin Christina 1663 an Christoph von Nienkerken verpfändet, „aber vom neuen Landesherrn, Friedrich Wilhelm I., König von Preußen, 1717 wieder eingelöst“[1]. „Die Frondienste verrichteten die 4 Bauern aus Hasseldorf und die 5 Vollbauern aus Moltzahn. Alt Kenzlin hatte damals neben dem Vorwerke vier kleine Cossäthen, die etwa ums Jahr 1770 angesetzt worden waren, verschiedene Einliegerhäuser, 1 Schmiede und 1 Schäfer.“[2] Zu den letzten Pächtern der Domäne gehörten: der Ökonomierat Maaß (wird 1865 genannt),[3] der Rittmeister der Reserve Hartwig Maass (wird 1911 erwähnt) und erneut ein Hartwig Maaß (wahrscheinlich der Vorgenannte, erscheint mit dem Verwalter Ernst Maaß 1939 in den Annalen).[4]

Im Jahre 1911 verfügte die 634 Hektar große Domäne über 453 Hektar Acker und Gärten, 129 Hektar Grünland, 32 Hektar Holzungen und 17 Hektar Gewässer. Außerdem konnte der landwirtschaftliche Großbetrieb folgenden Viehbesatz aufweisen: 98 Pferde, 175 Stück Rindvieh, 830 Schafe und 346 Schweine.[5]

1764 wurde nordöstlich des nahen Kenztliner Sees auf der Feldmark von Lindenberg das sogenannte Wollspinnerdorf Neu Kentzlin angelegt und mit zwölf Wollspinnerfamilien besetzt. Im Laufe eines Jahrhunderts vergrößerte sich die Einwohnerzahl des neuen Ortes fast um das Zehnfache.[6]

Am Nordufer des oben genannten Sees existiert eine alte Wendenfeste in Form eines Ringwalls, dessen hoch aufragender Baumbewuchs schon von Weitem ins Auge fällt. Darüber hinaus gab es im Mittelalter in Alt Kentzlin „ein festes Schloss“, auf dem die anfangs erwähnte Familie von Voß saß.[7] Von dieser mittelalterlichen Wehranlage ist der sogenannte Burgberg (nordwestlich des Herrenhauses gelegen, oberes Plateau etwa 18 × 18 Meter, stark abgerundete Ecken, vier Meter hoch, umlaufender Ringgraben, auf nördlichem Eckbereich verdorrte Eiche von 6,2 Meter Umfang, an Südwestseite gesunde Eiche von fünf Meter Umfang) erhalten geblieben.

Das auf uns überkommene Herrenhaus (ca. 34 × 14 Meter, in Fachwerk, eingeschossig, unterkellert, Krüppelwalmdach, an der Hof- beziehungsweise Südwestseite Veranda mit Dreiecksgiebel, an der Gegenseite Terrasse, südöstliche Schmalseite mit kleinem Anbau) wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet. Das nach dem Berliner Mauerfall sehr desolat gewesene Gebäude, erstrahlt heute (September 2007) wieder in neuem Glanz, sodass davon auszugehen ist, dass es nun einem neuen Eigentümer gehört.

Der hinter dem Herrenhaus liegende Park (ca. 1,5 Hektar) wird von einem großflächigen Rasenparterre geprägt, über das unser Blick bis zu den Gehöften von Neu Kentzlin reicht. In der nur in Hausnähe gepflegten Anlage stocken unter anderem zwei Trauereschen und zwei stattliche Eichen von 5,8 beziehungsweise 5,9 Meter Umfang.

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[1] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, II. Th., Bd. I, enthaltend: die Kreise Demmin, Anklam, Usedom-Wollin und Ueckermünde, Anklam und Berlin 1865, S. 69

[2] Ebd., S. 69

[3] Ebd., S. 69

[4] Niekammer’s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbuch, Bd. 3, Reihe 1: Pommern, Leipzig 1911 u. 1939

[5] Niekammer’s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbuch, Bd. 3, Reihe 1: Pommern, Leipzig 1911

[6] Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern, II. Th., Bd. I, enthaltend: die Kreise Demmin, Anklam, Usedom-Wollin und Ueckermünde, Anklam und Berlin 1865, S. 69

[7] Ebd., S. 70

1. Alt Kenzlin, Herrenhaus, Hof- bzw. Südwestseite, Oktober 2007; Foto: D. Schnell